Berlin – Es wird höchste Zeit. John Degenkolb will im fünften Anlauf endlich den ersten Etappensieg bei der Tour de France, die am 1. Juli in Düseldorf startet.
«Na klar, das ist mein großes Ziel. Vorher eine Etappe bei der Tour de Suisse wäre die richtige Einstimmung, gut fürs Selbstvertrauen», sagte der Radprofi aus Oberursel, der im intensiven Vorbereitungs-Modus steckt. Die Tour de Suisse ab 10. Juni, der Grand Prix in Gippingen und die deutsche Straßenmeisterschaft in Chemnitz am 25. Juni sind seine Stationen bis zum zweiten Saisonhöhepunkt nach den Frühjahrs-Klassikern.
Nach einer kurzen Pause feilt Degenkolb in Schwerstarbeit an seiner Tour-Form. «Das bedeutet pro Tag im Training zwischen 120 und 200 Kilometer, oft auch hinter dem Motorrad», berichtete der gebürtige Thüringer, der als Eintracht-Fan einen Berlin-Abstecher zum DFB-Pokalfinale hinter sich hat.
Anders als zum Teil in den Vorjahren spielt er bei der Tour in seinem neuen Trek-Segafredo-Team nicht mehr die erste Geige. Viel bis alles dreht sich um den Spanier Alberto Contador, der auf seine alten Tage noch einmal die Frankreich-Rundfahrt gewinnen will. Aber die Hierarchie ist nicht nur von Nachteil für Degenkolb. «Ich bin nicht der alleinige Träger der Ambitionen. Wir werden alle für Alberto arbeiten», sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Der Klassiker-Jäger hofft bei der Aufstellung des neunköpfigen Tour-Kaders zumindest auf seinen niederländischen Unterstützer Koen de Kort. «Aber mir ist klar, das ich nicht vier, fünf Fahrer mitbekomme, auch, wenn ich natürlich Wünsche äußern konnte», erklärte der 28-Jährige, der in der ersten Saison nach seinem folgenschweren Trainingsunfall vom Januar 2016 wieder auf einstigem Niveau angekommen ist. «Aber das Einser-Ergebnis fehlt noch», sagte er im Rückblick auf das Frühjahr.
Ausgerichtet an Schulnoten gibt sich der Mailand-Sanremo- und Paris-Roubaix-Sieger von 2015 bisher eine glatte zwei. Dabei steht nur ein magerer Sieg bei der Dubai-Tour bisher zu Buche. Bei den Radsport-Monumenten bewies der beurlaubte Polizeimeister immerhin Konstanz: In Sanremo und bei der Flandern-Rundfahrt fuhr er auf Rang sieben, in Roubaix wurde er Zehnter. Sein Premierensieg bei der Tour wäre Gold wert.
Degenkolb hat sich im Detail noch nicht mit der Tour-Strecke beschäftigt, in Frage kommende Etappen noch nicht herausgepickt. Er weiß aber, dass er wahrscheinlich nicht zum ersten Mal im Trikot des deutschen Meisters am Tourstart stehen wird – obwohl ihm die Strecke des Titelrennens am letzten Wochenende vor Tourbeginn liege.
«Ich habe gute Erinnerungen an Chemnitz. Ich habe mal die Erzgebirgs-Tour gewonnen. Aber anders als in den Vorjahren werde ich bei den Titelkämpfen ein absoluter Einzelkämpfer sein. Da werde ich nicht viel ausrichten können. Die anderen haben Teamkollegen an ihrer Seite», sagte Degenkolb, bei Trek-Segafredo der einzige deutsche Profi.
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(dpa)