Stuttgart – Man merkt Nils Politt das Selbstbewusstsein förmlich an.
«Wir haben in Deutschland momentan viele superstarke, junge Fahrer, die auch Ergebnisse einfahren können. Irgendwann findet halt ein Generationswechsel statt», sagte der Radprofi aus Köln und nahm sich aus diesem Reigen nicht aus. Kurz zuvor hatte der 24 Jahre alte Katusha-Alpecin-Profi auf der Schlussetappe der neu aufgelegten Deutschland Tour in Stuttgart seinen ersten Profisieg eingefahren.
Vor allem der Jahrgang 1994 sorgt in dieser Saison national und international für Furore. Neben Politt gewann Maximilian Schachmann vom Team Quick-Step bei der Deutschland Tour eine Etappe, die Rundfahrt beendeten die beiden 24-Jährigen hinter dem slowenischen Gesamtsieger Matej Mohoric auf den Plätzen zwei und drei.
Ebenfalls 24 Jahre jung ist Pascal Ackermann (Bora-hansgrohe), der beim Auftakt in Bonn nur hauchdünn am Etappensieg vorbei sprintete. «Ich habe noch nie bei einem Rennen entlang der Strecke so oft meinen Namen gehört», bekannte Ackermann. Seit Ende Juni fährt der Pfälzer im Trikot des deutschen Straßenmeisters und konnte in dieser Saison schon fünf Siege bei WorldTour-Rennen in seiner Palmares verbuchen – soviel wie kein anderer deutscher Sprinter.
«Ich freue mich, dass wir in einer solchen Breite auf Weltklasseniveau mitfahren können. Für die Zukunft haben wir eine Menge gute deutscher Rennfahrer. Wir können den Zuschauern bestimmt eine Menge Freude bereiten», sagte Schachmann – auch Jahrgang 1994 und somit genauso alt wie Politt und Ackermann. Vor der Deutschland Tour ließ der Berliner mit jeweils einem Tageserfolg bei der anspruchsvollen Katalonien-Rundfahrt und dem Giro d’Italia aufhorchen. Bei der Europameisterschaft in Glasgow Anfang August holte Schachmann für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) Bronze im Zeitfahren. Nicht wenige Experten sehen in ihm den kommenden deutschen Rundfahrer.
«Wir haben eine Generation von Fahrern Mitte 20, die für uns als Verband auf eine gute Zukunft hoffen lassen», befand BDR-Präsident Rudolf Scharping. Der erst 21-jährige Lennard Kämna sowie die beiden Sprinter Max Walscheid (25) und Phil Bauhaus (24), alle aus dem deutschen Sunweb-Rennstall, erweitern den Reigen den hochtalentierten Radprofis mit dem Gütesiegel Made in Germany.
Indes warnt Ex-Profi Jens Voigt davor, der aufstrebenden Generation überzogene Erwartungen aufzuerlegen und unnötig Ballast aufzusatteln. «Wir tun keinem jungen Fahrer einen Gefallen, wenn wir sie mit irgendwelchen Superlativen überhäufen. Klar haben sie alle Talent, aber wir müssen ihnen Zeit geben, sich weiter zu entwickeln», sagte der deutsche Tour-de-France-Rekordteilnehmer der Deutschen Presse-Agentur.
Auch Politt trat noch nach seinem größten Erfolg auf die Euphoriebremse und brach eine Lanze für seine älteren Berufskollegen Marcel Kittel (30), John Degenkolb (29) und André Greipel (36): «Wir haben auch noch alte Hasen im Feld, die auch noch Siege einfahren können. Es ist einfach schön zu sehen, dass jung und alt so toll miteinander harmonieren.»
Fotocredits: Bernd Thissen
(dpa)