Oudenaarde – Was für ein Solo-Sieg von Ex-Weltmeister Philippe Gilbert bei der Flandern-Rundfahrt! Der Belgier vollendete eine 56-Kilometer-Flucht zu seinem ersten Sieg bei der «Ronde». Der Deutsche John Degenkolb wird Siebter, Vorjahressieger Peter Sagan stürzt in der Verfolgung.
Beim beeindruckenden Solosieg des überragenden Ex-Weltmeisters Philippe Gilbert erfüllten sich die deutschen Hoffnungen auf einen Erfolg bei der 101. Flandern-Rundfahrt nicht. Der slowakische Rad-Star Sagan vom deutschen Bora-hansgrohe-Team musste 17 Kilometer vor dem Ziel nach einem schmerzhaften Sturz das Unternehmen Titelverteidigung abblasen. Für Degenkolb reichte es nach 260 Kilometern von Antwerpen nach Oudenaarde mit 18 giftigen Anstiegen («Hellinge») zu Platz sieben – mit einem Rückstand von über 50 Sekunden.
Gefeierter Star vor einem Millionenpublikum in Flandern war dagegen Gilbert. Der 34 Jahre alte belgische Meister vollendete eine fulminante Solofahrt über 56 Kilometer mit seinem ersten Sieg bei der «Ronde». Die Plätze zwei und drei belegten Olympiasieger Greg van Avermaet (Belgien) und der Niederländer Niki Terpstra. «Mein Ziel ist es, alle Monumente zu gewinnen, jetzt bin ich einen Schritt weiter», sagte Gilbert.
Gilbert war bei bestem Radsport-Wetter eine Klasse für sich, nicht einmal eine exquisite Verfolgergruppe mit Sagan und van Avermaet vermochte es, gemeinsam den Rückstand zu verkürzen. Es kam sogar noch schlimmer: Nachdem Sagan eine Bande touchierte, kam auch van Avermaet zu Fall. Damit hatte sich die Verfolgungsjagd erledigt.
In diese Gruppe hatte es Degenkolb erst gar nicht geschafft. Der Wahl-Frankfurter, der als Mitfavorit gehandelt worden war und einem Sieg bei der Flandern-Rundfahrt noch hinterher fährt, musste rund 37 Kilometer vor dem Ziel abreißen lassen. Damit zeigte sich wie schon bei Mailand-Sanremo, dass es für den deutschen Klassikerspezialisten derzeit nicht ganz zu Siegambitionen reicht. Den letzten deutschen Sieg in Flandern hatte 2004 Steffen Wesemann eingefahren.
Gut 60 Kilometer vor dem Ziel nahm das Rennen richtig an Fahrt auf, als Gilbert am Kwaremont aus einer starken Gruppe um den dreimaligen Sieger Tom Boonen heraus attackierte und kurz darauf auch die alleinige Führung übernahm. Der Ex-Weltmeister fuhr schnell einen Vorsprung von gut einer Minute heraus und sorgte bei den Topfavoriten um Sagan und Co. für Beunruhigung.
So ergriff Sagan schließlich gut 36 Kilometer vor dem Ziel am Taaienberg die Initiative und übernahm höchstpersönlich die Verfolgung. In seinem Windschatten gesellten sich sechs weitere Fahrer, darunter auch van Avermaet. Volksheld Boonen musste indes tatenlos zusehen, wie die starke Gruppe davonzog. Denn der Belgier hatte zu Beginn des Taaienbergs ein technisches Problem und musste mehrmals vom Rad. Damit endete der letzte Start des Flandern-Siegers von 2005, 2006 und 2012 ohne Happy End. Der 36 Jahre alte Ex-Weltmeister wird in Kürze seine Karriere beenden.
Die Gruppe um Sagan schaffte es allerdings nicht, den Rückstand auf Gilbert entscheidend zu verkürzen. Das wäre den Verfolgern auch ohne den Sturz kaum geglückt. Degenkolb konnte indes das Tempo der Verfolger nicht mitgehen.
Damit muss Degenkolb weiter auf seinen dritten großen Klassikersieg warten. Am nächsten Sonntag bietet sich dem Wahl-Frankfurter bei seinem Lieblingsrennen Paris-Roubaix, dass er 2015 als zweiter Deutscher überhaupt gewann, die nächste Chance.
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(dpa)